Wissenschaftliches Arbeiten - Was ist das?

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Auf dieser Seite erfahren Sie, worauf es beim Wissenschaftlichen Arbeiten grundsätzlich ankommt. Wissenschaftliches Arbeiten bedeutet: Ein gewähltes Thema eigenständig zu durchdenken und schriftlich oder mündlich darzustellen, d. h. wissenschaftliches Arbeiten ist ein Problemlöseprozess. Indem Sie auf das bestehende Wissen in der Wissensgemeinschaft zurückgreifen, generieren Sie durch eigenes Denken neue Erkenntnisse. Dabei sind bestimmte Grundprinzipien zu beachten, aus denen sich bestimmte Ansprüche an eine wissenschaftliche Arbeit und Gütekriterien ableiten lassen, an denen sich die Qualität Ihrer Arbeit messen lässt. Sie sind über wissenschaftliche Arbeiten im Studium hinaus natürlich auch später für die Kommunikation im Beruf wichtig.

Grundsätze wissenschaftlichen Arbeitens

„Wissenschaftliches Arbeiten“ ist ein sehr umfassender Begriff und wird in der einschlägigen Literatur mit vielfältigen Umschreibungen definiert. Auf Hochschulen bezogen spricht Sesink von „wissenschaftlichem Arbeiten“, wenn die Studierenden folgende Anforderungen erfüllen[1]: Aufstellung eigener Gedanken, auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse und in Auseinandersetzung mit den wissenschaftlichen Auffassungen Anderer. Darstellung der Gedanken in eigener und verständlicher Form.„Sich eigene Gedanken zu machen“ heißt aber nicht, die Gedanken anderer einfach zu übernehmen und diese in leicht abgeänderter Form wiederzugeben. Vielmehr entsteht aus der Auseinandersetzung mit dem verwendeten Material (Literatur etc.) eine Vielzahl von neuen Gedanken, die durch eine systematische Vorgehensweise in logischer Zusammensetzung zu Papier gebracht werden. Ein wichtiges Kriterium für Wissenschaftlichkeit ist die Objektivität und Nachvollziehbarkeit. Die Gedanken müssen auf ihren Realitätsgehalt geprüft werden. Bitte beachten Sie auch die Satzung zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis der HfWU.

Ansätze wissenschaftlichen Arbeitens

Gegenstand von angewandten Wissenschaften (z. B. Wirtschafts-, Sozial- oder Naturwissenschaften) sind Aussagen über reale Erscheinungen und deren Gestaltung. Es geht darum, theoretische Aussagensysteme auf deren praktische Relevanz hin zu überprüfen. Um die vielgestaltige Realität für die Forschung zugänglich zu machen, werden Modelle benötigt, die Komplexität reduzieren und vertiefende und differenzierte Analysen und Empfehlungen zulassen. Den Weg von der Realität zum Modell beschreitet der*die Forscher*in mit Hilfe der Auswahl eines Forschungsansatzes. Nachfolgend werden ausgewählte, in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften häufig genutzte Ansätze kurz charakterisiert:

  • Entscheidungstheoretischer Ansatz: Ausgangspunkt der wissenschaftlichen Analyse sind die Motive und Ziele der relevanten Akteur*innen. Der Entscheidungsprozess wird systematisiert und Handlungsalternativen entsprechend bewertet. Ein häufig gewählter Ansatz bei Gestaltungsfragen im strategischen und operativen Management und Marketing.
  • Systemtheoretischer Ansatz: Analysiert werden Systeme, verstanden als eine Menge von Elementen, zwischen denen Beziehungen bestehen. Es sollen Aussagen zur Steuerung, Regelung und Anpassung von Systemen getroffen werden. Dieser Blickwinkel hilft z. B. bei der strategischen Analyse unter Beachtung verschiedener Stakeholder und findet auch bei Fragestellungen im Controlling häufig Verwendung.
  • Faktor-/Ressourcentheoretischer Ansatz: Im Mittelpunkt steht der Leistungserstellungsprozess, verstanden als Kombination unterschiedlicher Produktions- bzw. Leistungsfaktoren. Aus strategischer Sicht bietet der Ressourcenansatz hier vertiefend die Möglichkeit, seltene, wertvolle sowie schwer imitier- und substituierbare Produktions- bzw. Leistungsfaktoren zu bestimmen, die Wettbewerbsvorteile begründen können. Der Ansatz bietet darüber hinaus für Problemstellungen aus Beschaffung, Logistik und Produktion einen geeigneten Analyserahmen.
  • Verhaltenstheoretischer Ansatz: Hier stehen der Mensch und dessen Motive,Einstellungen und Verhaltensweisen im Mittelpunkt der Betrachtung. Mit Hilfe der Verhaltensforschung werden innerbetriebliche und über betriebliche Reiz-Reaktionsmechanismen untersucht. Hieraus ergeben sich z. B. hilfreiche Anregungen für den Einkauf, für Führungsfragen oder auch für das Marketing und das Konsumentenverhalten.
  • Institutionenökonomischer Ansatz: Wesentlicher Analysegegenstand dieses Ansatzes ist die Effizienz von Institutionen zur Erfüllung von Aufgaben in der Wertschöpfungskette. Auf Basis der ermittelten Transaktionskosten können Aussagen über die Vorteilhaftigkeit von Outsourcingprojekten oder auch Kooperationsmodellen getroffen werden.

Bei der Bearbeitung einer wissenschaftlichen Fragestellung sollte eine bewusste Entscheidung zur Verwendung derartiger Ansätze erfolgen, um Klarheit und Transparenz über den Zugang zum untersuchten Thema zu erzielen. Die Ansätze können dabei im Verlauf eines Forschungsvorhabens durchaus kombiniert, angepasst oder weiterentwickelt werden. So könnte z. B. mit Hilfe systemtheoretischer Überlegungen und mit Unterstützung des Ressourcenansatzes eine strategische Analyse eines Unternehmens erfolgen, um darauf aufbauend mit dem Entscheidungsansatz Strategien zu entwickeln. Umsetzungsempfehlungen hinsichtlich Markt oder Personalführung könnten dann verhaltenswissenschaftlich fundiert werden.

Es gibt keine „richtigen“ oder „falschen“ Ansätze. Entscheidend ist die Eignung des Ansatzes für die Erkenntnisgewinnung im Sinne der Forschungsfrage bzw. des Forschungsziels.

Anforderungen an eine wissenschaftliche Arbeit im Studium

Eine wissenschaftliche Arbeit im Studium dient dem Erwerb, der Verarbeitung und Aufbereitung von Wissen. Sie ist mehr als eine Erörterung oder eine Inhaltsangabe. Sie soll zeigen, dass und wie sich der*die Verfasser*in (sein*ihr) Wissen verschafft hat, dass er die Forschungslage kennt und die gesammelten Informationen systematisch und auf die Fragestellung hin zielführend verarbeitet hat. Während des Studiums wird die Fähigkeit „wissenschaftlichen Arbeitens“ über den gesamten Studienverlauf hinweg schrittweise aufgebaut. Der Einstieg in das wissenschaftliche Arbeiten erfolgt mit dem Erstellen einer Hausarbeit, eines Referates oder einer Seminararbeit. Zu den wichtigsten wissenschaftlichen Arbeiten eines Studiums zählen die Bachelorarbeit und die Masterarbeit. Die anspruchsvollsten Arbeiten der Hochschulkarriere stellen die Dissertation und die Habilitationsschrift dar, daneben Publikationen (neudeutsch „paper“) in ausgewiesenen wissenschaftlichen Zeitschriften. In Seminaren werden Sie durch die Anfertigung von Hausarbeiten an die Problematik des wissenschaftlichen Arbeitens herangeführt. In einer Hausarbeit sollen Sie zeigen, dass Sie ein gestelltes Thema eingrenzen und problemorientiert darstellen können, wissenschaftliche Theorien und die Forschungslage kennen und außerdem die Techniken wissenschaftlichen Arbeitens beherrschen. In den Hausarbeiten der ersten Studienphase liegt der Akzent noch auf der Technik wissenschaftlichen Arbeitens, doch erhöht sich der erforderliche Anteil an selbstständiger Erkenntnisgenerierung bis zur Abschlussarbeit kontinuierlich.Mit Ihrer Abschlussarbeit sollen Sie nachweisen, dass Sie eine gestellte Aufgabe aus Ihrem Studienfach nach wissenschaftlichen Methoden selbstständig bearbeiten und Ergebnisse sachgerecht darstellen können. Sie zeigen, dass Sie die Zusammenhänge des Fachs überblicken und in der Lage sind, Erkenntnisse kritisch einzuordnen, wissenschaftliche Methoden anzuwenden und Ergebnisse zu formulieren.Methoden wissenschaftlichen Arbeitens betreffen zum einen die Arbeitsweise, wie Informationen und Daten recherchiert werden, exzerpieren und auswerten, strukturieren, gliedern, argumentieren und zitieren, aber auch die Art der Formulierung und der formalen Darstellung.Abhängig von Ihrer Fragestellung können Sie zwischen zwei Forschungsmethoden wählen, die sich sowohl in der Denkweise als auch in der Untersuchungsmethode unterscheiden.Theoretische Arbeiten (auch Literaturstudien genannt) entwickeln oder überprüfen Thesen auf Basis vorhandener Literatur. Der*Die Theoretiker*in arbeitet deduktiv: Er*Sie geht von einem Bezugssystem aus und lässt sich in seinen*ihren Forschungen von den daraus abgeleiteten Implikationen führen.Empirische Arbeiten entwickeln oder überprüfen Thesen auf der Basis erhobener Daten. Der*Die Empiriker*in arbeitet induktiv. Er*Sie argumentiert, dass man nur genügend Einzelbeobachtungen zusammentragen muss, um das komplexe Beziehungsgefüge zwischen isolierten Informationen erkennen zu können. Deshalb betreibt er*sie seine*ihre Untersuchung unmittelbar am Gegenstand und dokumentiert dies im Rahmen seiner Arbeit. Mehr dazu erfahren Sie in Kapitel 7.Immer beruft sich der*die Forscher*in dabei auf die, in der Scientific Community bislang erarbeiteten Erkenntnisse und belegt die Quellen seiner*ihrer Informationen in Form von Zitationen.

Prinzipien wissenschaftlichen Arbeitens

Nach Preißner[2] lassen sich folgende Merkmale des wissenschaftlichen Arbeitens identifizieren:

  • Wissenschaftliches Arbeiten ist systematisches Arbeiten. Um eine nachvollziehbare Argumentation zu gewährleisten, muss die Arbeit einen klaren Aufbau besitzen, aus dem der Gang der Untersuchung hervorgeht.
  • Wissenschaftliches Arbeiten heißt objektiv begründen. Verzichten Sie auf gefühlsmäßige Argumentation. Jedes Ihrer Urteile muss auf nachvollziehbaren Kriterien basieren. Die Herkunft und Quelle aller wesentlichen Gedanken sind dabei stets anzugeben.
  • Wissenschaftliches Arbeiten ist Streben nach Allgemeingültigkeit. Achten Sie darauf, dass Ihre Aussagen auf mehrere Fälle übertragbar sind. Geben Sie stets den Gültigkeitsbereich Ihrer Erkenntnisse an.
  • Wissenschaftliches Arbeiten ist Auseinandersetzung mit anderen Arbeiten. Ihr grundlegendes Ziel sollte sein, einen Beitrag zum wissenschaftlichen Fortschritt zu leisten. Dazu ist erforderlich, den Stand der Forschung zu dokumentieren und eigenständige Schlussfolgerungen zu ziehen bzw. durch eigene Forschung darauf aufzubauen.
  • Wissenschaftliches Arbeiten kann auf Basis von Literaturauswertung, empirischer Analyse oder einer Kombination aus beidem erfolgen. Bei der Literaturauswertung sollten Sie auf eine ausgewogene Auswahl der Quellen achten. Berücksichtigen Sie unterschiedliche Lehrmeinungen und achten Sie darauf, dass eine verwendete Äußerung allgemein anerkannt ist. Bei empirischen Untersuchungen ist stets zu fragen, ob das Ergebnis repräsentativ ist. Um eine Kritik des Erhebungs- und Auswertungsverfahrens zu ermöglichen, müssen die Materialien auch immer einsehbar sein.
  • Die wesentlichen Begriffe einer wissenschaftlichen Arbeit müssen definiert werden. Die Bedeutung vieler Fachbegriffe ist nicht eindeutig festgelegt. Um eine einheitliche Diskussionsgrundlage zu schaffen, muss das der Arbeit zugrunde gelegte Verständnis eines Begriffes geklärt werden.

Gütekriterien für eine wissenschaftliche Arbeit

Kriterien des Inhalts

  • Vollständigkeit der Bearbeitung des Themas
  • Plausible Begründung von Ab- und Eingrenzungen
  • Verdeutlichung von Bewertungsmaßstäben
  • Angemessener Umfang und Qualität der Quellen- Zitieren im ursprünglichen Bedeutungszusammenhang, d. h. Zitate nicht sinnentstellend verwendet

Kriterien der Technik

  • Begriffsklarheit: Definition und Abgrenzung der Begriffe
  • Überprüfbarkeit durch umfassende Dokumentation
  • Schlüssigkeit im Begründungszusammenhang
  • Einhaltung von Zitierrichtlinien

Kriterien der Darstellung

  • Transparenz und Nachvollziehbarkeit
  • Einfachheit, Prägnanz- Stimulanz
  • Ausdruck und Stil

Relevanz für die Berufsfähigkeit

Sowohl die Grundsätze wissenschaftlichen Arbeitens im Allgemeinen, als auch seine Prinzipien und Regeln im Besonderen sind nicht nur für wissenschaftliche Tätigkeiten im Rahmen des Studiums von Bedeutung, sondern sie sind ebenso notwendig in Berufsfeldern, die nicht wissenschaftlich arbeiten. Auch wenn Sie z. B. in einer Bank arbeiten, müssen Sie eine Übersicht über den Wissensstand gewinnen und ihn verständlich darstellen können. Sie müssen auch Thesen vorlegen und begründen können, und um Ihre Kolleg*innen von Ihren Vorschlägen zu überzeugen, müssen Sie glaubwürdig sein, d. h. Ihre Argumente fundiert und nachvollziehbar darlegen können. Sie erstellen in Ihrem Beruf dieselben Produkte in denselben Arbeitsprozessen, die in den einzelnen Etappen des wissenschaftlichen Arbeitens entstehen.

Siehe auch

Literatur

  1. Vgl. Sesink, W. (1990): Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten – ohne und mit PC, München: Oldenburg, S. 9 f.
  2. Preißner, A. (1994): Wissenschaftliches Arbeiten, München: Oldenburg.