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Lesen – eine der wichtigsten Fertigkeiten für das wissenschaftliche Arbeiten – kann den Erkenntnisprozess beschleunigen, aber auch hemmen. Wissenschaftliches Lesen unterscheidet sich vom Lesen zur Unterhaltung nicht nur in der Leseabsicht, sondern auch hinsichtlich der Vorgehensweise. Einen Roman lesen Sie in der Regel ohne Vorbereitung und unkontrolliert. Beim wissenschaftlichen Lesen jedoch lesen Sie zielorientiert: Um einen Zusammenhang zu erschließen, um Wissen zu erwerben, um zu verstehen.

Lesetechniken

Grob lassen sich drei Formen des Lesens unterscheiden, die jeweils verschiedenen Absichten und Arbeitshaltungen entsprechen. Diese Lesestrategien eignen sich speziell in den verschiedenen Phasen des Arbeitsprozesses: Um sich einen Überblick über Ihr Thema zu verschaffen wenden Sie die Strategie des selektiven Lesens an. Für die Planung Ihrer Lesefolge empfiehlt sich folgendes Vorgehen: Lesen Sie neuere Texte vor älteren.

  • Beachten Sie die Textsorte (Unterkapitel 3.2.2) und die Qualität des Textes.
  • Stellen Sie die Fragen an den Text, die sich auf Ihre Arbeit beziehen.
  • Machen Sie sich Gliederung und den Argumentationsgang des Textes klar.
  • Lesen Sie arbeitsaufwendige Texte nur dann, wenn sie mit Sicherheit zu Ihrem Thema passen.

Um in der Vorbereitungsphase einen Überblick zu gewinnen, wenden Sie die Strategie des kursorischen Lesens, Querlesens und Überfliegens an. Das gelingt am besten, wenn Sie vorher schon Fragen an den Text gestellt haben.Ziel des kursorischen Lesens (auch Quer- oder Diagonallesen) ist es, die wichtigen Aussagen in einem Text möglichst schnell zu finden. Es ist ein gezieltes Suchen nach den Schlüsselbegriffen, die Sie sich im vorangegangenen Schritt (Kap. 3.1) erarbeitet haben. Wichtig ist, dass Sie sich die zu suchenden Begriffe gut einprägen, damit Sie Ihnen beim schweifenden Blick über den Text buchstäblich in die Augen springen. Anfangs ist dies ungewohnt, mit etwas Übung kann aber schnell eine hohe Lesegeschwindigkeit erreicht werden.In der Hauptarbeitsphase können Sie die Technik des strukturierten Lesens anwenden. Diese Technik ist am Erkennen von Zusammenhängen und Argumentationsketten interessiert.

Strukturiert lesen

Haben Sie die gesuchten Stellen im Text gefunden, beginnt das strukturierte Lesen, das systematische Erarbeiten der Informationen. Auch hierzu gibt es verschiedene Methoden:

  • die 5-S-Methode: Sichten, Sich fragen, Suchen, Schreiben, Sichern[1] und die
  • SQ3R Methode: Survey, Question, Read, Recite und Review[2].

5-S-Methode

Das Sichten dient der Überprüfung des Textes auf seine Relevanz für unsere Arbeit. Dies haben wir bereits mit dem kursorischen Lesen erledigt. Als zweites werden Sie sich fragen, was der*die Autor*in mit seinem*ihrem Text zeigen möchte, welche Fragestellungen seiner/ihrer Arbeit zu Grunde liegen und ob diese zur Bearbeitung Ihrer Fragestellung beitragen. Im nächsten Schritt beginnt das Suchen nach Antworten im Text. Die gefundenen Antworten sollten Sie auf jeden Fall in Ihren eigenen Worten aufschreiben. Zum einen können Sie nur so sicher sein, dass Sie den Text wirklich verstanden haben, zum anderen fällt es Ihnen so später leichter, die Aussagen in Ihren Text in eigenen Worten zu integrieren. Achten Sie darauf, gleich die notwendigen bibliografischen Angaben für die Zitation (vgl. Fußnote auf dieser Seite) zu notieren, damit Sie sich später unnötiges und zeitaufwendiges Suchen ersparen können. Beim Sichern überprüfen Sie noch einmal, ob Sie die Argumentation des*der Autors*in und die Begründung seiner/ihrer Thesen vollständig und korrekt erfasst haben. Schreiben und Sichern entsprechen dem Exzerpieren (siehe unten).

SQ3R-Methode

Die von Robinson (1948)[2] entwickelte Lesestrategie kombiniert verschiedene Techniken in einer Abfolge von Schritten und ermöglicht damit ein schnelles und tiefes Textverständnis.

1 Survey:

Verschaffen Sie sich einen Überblick über Ihren Text.

Überfliegen Sie Titel, Inhaltsverzeichnis, Vorwort, Gliederung, Textbzw. Kapitelzusammenfassungen, Stichwort- und Autor*innenregister, Literaturverzeichnis
2 Question:

Stellen Sie Fragen an den Text

Zum Inhalt, einzelnen Kapiteln, zur Position des*der Autors*in, u. a. von Ihrer Fragestellung abhängig
3 Read:

Den Text abschnittsweise im Hinblick auf mögliche Antworten lesen. Beantwortet ein Abschnitt Ihre Fragen nicht, lesen Sie nicht weiter.

Besonderheiten der Textstruktur herausarbeiten; Gewichtungen unter den von den Fragen aufgeworfenen Aspekten vornehmen; ggf. graphische Darstellungstechniken verwenden
4 Recite:

Informationen nach abschnittweiser Lektüre in eigenen Worten wiedergeben

Überprüfen Sie, was Sie wirklich verstanden haben, indem Sie das Wesentliche in eigenen Worten zusammenfassen
5 Review:

Zusammenhängenden Gesamtüberblick gewinnen

Lesen Sie den Text noch einmal durch und versuchen Sie, noch offene Fragen zu beantworten

Eigene Darstellung in Anlehnung an Robinson 1948[2]

Informationen exzerpieren

Vor dem eigentlichen Schreiben Ihres Textes erstellen Sie Exzerpte zu Ihrer relevanten Literatur. Exzerpte sollen Ihnen helfen, die Ideen festzuhalten, die Sie beim Lesen eines Aufsatzes oder Buches über Ihr Thema gewonnen haben. Im Exzerpt werden wichtige Argumente, Gedankengänge und Literaturhinweise aus den gelesenen Quellen gesammelt und um eigene Ideen und Querverweise ergänzt. Exzerpieren Sie nicht beim ersten Lesen, sondern nach dem zweiten Lesen im Anschluss an eine kursorische Lesephase, in der Sie sich einen Überblick verschaffen. Ihr Exzerpt sollte eine echte Hilfe in Form von Bausteinen sein, auf die Sie später beim Formulieren mit Gewinn zurückgreifen können. Daher:

  • Exzerpieren Sie erst dann, wenn Sie Ihr Thema genau formuliert haben.
  • Machen Sie sich Ihre Leseabsicht klar.
  • Prüfen Sie den vorliegenden Text auf seine Terminologie.
  • Machen Sie sich klar, wo der Text, den Sie exzerpieren, einzuordnen ist.
  • Aktualisieren Sie Ihre Mindmap.
  • Exzerpieren Sie bei geschlossenem Buch.
  • Lesen Sie ggf. relevante Textstellen nach.
  • Exzerpieren Sie möglichst in ganzen Sätzen.
  • Fassen Sie die Hauptaussagen und die Argumentation des ganzen Textes knapp zusammen.
  • Gehen Sie nur bei relevanten Kapiteln ins Detail.
  • Berücksichtigen Sie die Aussageabsicht des*der Autors*in.

Markieren Sie beim Lesen nur die Textstellen, die Ihnen prägnant formuliert erscheinen und die Sie als wörtliche Zitate nutzen wollen. Wenn Sie ihre Exzerpte mit dem Computer schreiben, können Sie die Zitate gleich vollständig abschreiben. Notieren Sie beim Exzerpieren neben den Aussagen des*der fremden Autors*in auch Ihre eigenen Überlegungen, Ideen und Gedanken dazu. So wird Ihr Exzerpt für Sie in der Phase, in der Sie den eigentlichen Text erstellen zum Ideengeber. Trennen Sie jedoch deutlich Eigenes von Fremdem. Kennzeichnen Sie die Zitate gleich als solche in ihren Exzerpten und notieren Sie dazu auch die Hinweise zum Kontext (In welchem Zusammenhang wurde das geschrieben?) und dem genauen Fundort (z. B. bei Zitaten, die über zwei Seiten gehen, mit dem Seitenwechsel) – Aufmerksamkeit an dieser Stelle erspart eine später sehr viel aufwendigere Suche. Notieren Sie auch die genaue Herkunft sinngemäßer Entlehnungen. Hierzu empfiehlt es sich, auf der linken Seite des Exzerpts in einer Spalte die Seite des Originaltextes zu notieren, auf die sich die nebenstehenden Paraphrasen und Überlegungen beziehen.

Quellen bibliographieren

Eine Bibliografie ist zunächst nichts anderes als ein Bücherverzeichnis, d. h. eine Zusammenstellung von Büchern und sonstigen Veröffentlichungen (Fachzeitschriften, Handbüchern, Fachlexika etc.) zu einem bestimmten Fachgebiet oder Thema. Schon das Auffinden und zuverlässige Zusammenstellen von Literatur ist eine eigene wissenschaftliche Leistung, gerade angesichts der kaum noch überschaubaren Flut von Publikationen. Die gesammelte Literatur ist i. d. R. so umfangreich, dass sie nicht vollständig gelesen werden kann, d. h. es muss eine Auswahl zwischen und innerhalb der gesammelten Literatur getroffen werden. Bei näherer Betrachtung und in Abstimmung mit der bereits angefertigten Grobgliederung können in den meisten Fällen bereits Teile der Literatursammlung aussortiert werden. Aber auch die verbleibende Literatur kann nicht komplett gelesen werden. Es empfiehlt sich, anhand des jeweiligen Inhaltsverzeichnisses, des Stichwortverzeichnisses und durch das Durchblättern relevanter Textseiten sich einen Überblick zu verschaffen. Die gewonnenen Informationen sollten in einer Literaturverwaltung gesammelt werden. Die HfWU stellt Ihnen im Rahmen einer Campuslizenz die Software „Citavi – Literaturverwaltung und Wissensorganisation“ kostenlos zur Verfügung. Mit Citavi verwalten Sie Ihre Literatur, recherchieren in Bibliothekskatalogen und Fachdatenbanken, organisieren Wissen, sammeln Zitate und erstellen automatisch und normgerecht Literaturverzeichnisse in unterschiedlichen Zitierstilen. Sie können Citavi auf Ihrem eigenen Computer installieren und nutzen. Informationen zum Download und über die Arbeit mit Citavi finden Sie unter dem URL: http://www.hfwu.de/de/bibliothek/serviceangebote/literaturverwaltung-citavi.html. Wenn Sie lieber von Hand auf Karteikarten oder am PC in einem Dokument bibliografieren möchten, beachten Sie bitte die Informationen in Unterkapitel 4.4, wie Quellen dokumentiert werden müssen. Bibliografien erfüllen vor allem zwei Zwecke: Sie sind Hilfen in der Recherchephase und elementares Textelement einer (wissenschaftlichen) Arbeit. Entsprechend werden zwei Typen von Bibliografien unterschieden:

Die Arbeitsbibliografie: Bibliografie für die Literatursuche

In sogenannten Arbeitsbibliografien stellt man diejenigen Quellen zusammen, die für das Schreiben einer wissenschaftlichen Arbeit zur Hilfe herangezogen werden sollen – solche Bibliografien unterstützen also die Recherche wissenschaftlicher Literatur. Sie werden deshalb Arbeitsbibliografie genannt, weil sie prinzipiell nicht abgeschlossen sind. Je nach Arbeitsphase und Recherchestand werden der Arbeitsbibliografie weitere zu bearbeitende Quellen zugefügt. Das Ordnungskriterium der aufgeführten Quellen kann variieren (im Gegensatz zum Literaturverzeichnis!): Je nach Erkenntnisinteresse lassen sich die Literaturangaben in der Arbeitsbibliografie z. B. nach Erscheinungsjahr, Signatur oder Zeitschriftentitel ordnen oder aber alphabetisch nach Autor*innen-Nachname. Es empfiehlt sich, zwei Arbeitsbibliografien anzulegen und diese regelmäßig zu aktualisieren:

  • eine Auflistung der Quellen, die bereits gelesen bzw. bearbeitet wurden, sowie
  • eine Auflistung der Quellen, die noch zu recherchieren und zu bearbeiten sind.

Das Literatur- und Quellenverzeichnis: Bibliografie zum Text

Das Literatur- und Quellenverzeichnis steht am Ende der wissenschaftlichen Arbeit, d. h. es folgt dem letzten Textkapitel.

Siehe auch

Literatur

  1. Vgl. Wagner, W. (1982): Uni-Angst und Uni-Bluff. Wie studieren und sich nicht verlieren, 8. Aufl., Berlin: Rotbuch.
  2. 2,0 2,1 2,2 Vgl. Robinson, F.P. (1948): Effective Study, New York.